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| Aladdin |
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Theater Neue Flora
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Fast scheint es, als hätte jemand an der überdimensionalen Wunderlampe an der Theaterfassade über dem Treppenaufgang des Eingangsportals gerieben. Denn was Stage Entertainment in Zusammenarbeit mit Disney Theatrical Produkctions bei "Aladdin" auf die Bühne zaubert, wirkt wie pure Magie, die alle Sinne vereinnahmt. Es ist auch der Lampengeist Dschinni persönlich, der das Publikum auf die wunderbare Reise ins Morgenland einstimmt und es in die Welt bunter Magie und glühender Liebe entführt. Man fühlt sich sofort in den Schauplatz eines orientalischen Basars hineingezaubert, auf dem prächtige Stoffe, funkelnde Steine und duftende Gewürze angeboten werden. Es ist der Ort, an dem Aladdin und seine Freunde als Diebe auf der ständigen Flucht vor den Wachen des Palastes sind. Dort wohnt die verwöhnte aber einsame Sultanstochter Jasmin, die dem Treiben auf dem Basar von ihrem Gemach aus nur von Ferne zusehen kann. Ihr Traum ist es, einmal aus der Nähe die Düfte und Farben der Marktstände mit allen Sinnen zu erleben. Als verkleidete Besucherin gerät sie vor Ort in eine missliche Situation, aus welcher sie der Straßenjunge Aladdin befreit und mit ihr zusammen vor den Palastwachen auf die Dächer der Häuser von Agrabah flieht. Dort offenbaren sie einander ihren größten Traum. Währenddessen bemüht sich der in die Jahre gekommene Sultan um einen Heiratskandidaten für seine Tochter und damit um seinen Nachfolger als Herrscher von Agrabah. Aber die schöne Jasmin möchte allein auf ihr Herz hören und nur aus Liebe heiraten. Sie zeigt allen selbstverliebten Prinzen die kalte Schulter. Der düstere Großwesir Dschafar hofft indessen, die Lage für sich nutzen und die Macht an sich reißen zu können. Dazu braucht er die sagenumwobene Wunderlampe, die aber nur von einer auserwählten Person aus einer Zauberhöhle in die reale Welt gebracht werden kann. Diese Person ist Aladdin, der endlich ein honoriges Leben führen will. Als er an der Lampe reibt, erscheint ihm der hyperaktive und showsüchtige Lampengeist, der seinem Schützling drei Wünsche erfüllen kann. Allerdings kommt Aladdin bei ihm kaum zu Wort und eigentlich nur in den Momenten, in denen sich der Dschinni nach seien Showeinlagen verschnaufen muss. Aladdin hat im Grunde nur einen Wunsch. Er möchte die Prinzessin, in die er sich verliebt hat, für sich gewinnen. Aber auf die Liebe hat der Dschinni keinen Einfluss, da Liebe eine Art Magie der Herzen ist. Er kann Aladdin nur in einen Prinzen verwandeln. Alles andere muss sich aber von selbst ergeben. Das ist schwieriger als Aladdin es sich vorgestellt hat, denn als protzender Prinz verspielt er alle Chancen, die er noch als Straßenjunge erhaschen konnte. In seiner Selbstverliebtheit brüskiert er sogar seinen Helfer und Freund Dschinni, der sich erhofft, mit Aladdins drittem Wunsch die Freiheit geschenkt zu bekommen. Und die Zeit drängt. Denn der fiese Dschafar will eine Hochzeit von Jasmin mit einem passenden Kandidaten um jeden Preis verhindern und den Flaschengeist in seine Dienste stellen. Die Katastrophe lässt nicht lange auf sich warten. Erst als Aladdin sich wieder seiner selbst besinnt und nicht mehr als Prinz auftritt, gelingt es ihm, Dschafar zu überlisten und Agrabah zu retten.
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Wer bei "Aladdin" vor allem an den erfolgreichen Zeichentrickfilm denkt, kann sich über die Inszenierung von Aladdin als Musical freuen. Denn die Bühnenfassung basiert auf der Filmvorlage und nimmt auch musikalisch erkennbar Bezug auf die Disneyproduktion. So ist letztendlich auch der fast omnipräsente Flaschengeist mit seinem unerschöpflichen Redefluss die eigentliche Hauptfigur, die für jede Menge Witz und viele Showeinlagen sorgt. Viele schöne musikalische Momente aus dem Film finden sich in dem Musical wieder, so auch gleich zu Anfang mit dem Lied "Arabische Nächte". Schon der musikalische Wiedererkennungseffekt ist also groß. Das Musical aber setzt noch einen drauf und lässt die Figuren auf der Bühne mit ihren Zeichentrickvorlagen kokettieren. "Wenn ich einen brauche, der mir alles nachplappert, kann ich mir einen Papageien kaufen", sagt Dschafar sinngemäß zu seinem Helfer Jago, der in dem Musical eine schräge Figur in Menschengestalt ist. Mit sehr viel Geschick wird auf humorvolle Weise immer wieder auf den Film angespielt. Die Bühnenadaption ist eine gelungene Mischung aus Musiktheater und Variete mit vielen verblüffenden Effekten. Als Aladdin an der Lampe reibt, scheint der Lampengeist Dschinni vor den Augen des Publikums wie aus dem Nichts Gestalt anzunehmen. In seiner Sing- und Tanzshow lässt der Lampengeist dann seinerseits herbeigezauberte Gestalten förmlich aus dem Boden schießen. Als Zuschauer mag man manchmal seinen Augen nicht trauen, wie so etwas möglich ist. Das Team, das für die Effekte zuständig ist, hat jedenfalls ganze Arbeit geleistet. Ein Blick in das Programmheft sorgt dann auch sogleich für einen Aha-Effekt. Denn Jim Steinmeyer ist verantwortlich für das "Illusion Design", der - wie das Programmheft die New York Times zitiert - längst "der gefeierte Unsichtbare, Designer und kreative Kopf hinter vielen großen Bühnenmagiern" ist. Seine Sinnestäuschungen sollen sogar von Siegfried und Roy auf der Bühne umgesetzt worden sein. Dass er auch spezielle Illusionen für "Das Schöne und das Biest" und "Das Phantom der Oper" entwarf, darf daher nicht verwundern. Denn "Das Phantom der Oper" war das Musical, das von "Aladdin" im Theater Neue Flora abgelöst wurde, und "Die Schöne und das Biest" kommt als kurzer Auszug musikalisch noch einmal im neuen Musical vor. Nicht nur insofern gibt es eine Verbindung zu anderen Erfolgsmusicals. Howard Ashman (Lyrics) und Alan Menken (Kompositionen) sind auch die Autoren der zauberhaften Lieder von "Aladdin". Weitere Originallyrics von "Aladdin" stammen von dem ebenso bekannten Tim Rice und Chad Beguelin. Die Übersetzung in die deutsche Sprache haben Kevin Schroeder und Heiko Wohlgemuth geleistet. Letzterer dürfte vor allem den Besuchern von Hamburgs Schmidt Theater und Schmidts Tivoli ein Begriff sein, stammen doch die Liedtexte von "Heiße Ecke" und "Die Königs vom Kiez" von ihm. "Aladdin" ist von den Dialogen her ein aktualisiert gestaltetes Musical, das in die Verfolgungs- und Kampfszenen auch eine kräftige Portion "Slapstick" einfließen lässt. Wenn man bedenkt, dass die Vorlage ein Zeichentrickfilm ist, so bietet sich das als plausibles Stilmittel in den betreffenden Szenen an. Das Stück richtet natürlich auch stellenweise - wie der Lampengeist sagt - seinen Fokus auf den Hokuspokus. Der nächtliche Flug auf dem Zauberteppich vor der Silhouette des Vollmondes und einem Meer aus leuchtenden Sternen ist in diesem Zusammenhang eine der technisch dominierten Szenen. Im zweiten Akt ist das der Moment, der das Publikum fasziniert jubeln lässt als Pendant zum Solo "So 'nen Kumpel hattest du noch nie" im ersten Akt, wo der Dschinni seine überwältigende Zaubershow abliefert. In der "Aladdin"- Inszenierung von Casey Nicholaw kommen alle Figuren trotz der vielen Effekte gut zur Geltung. Auf ein bisher noch unbekanntes Gesicht unter den Hauptdarstellern darf sich das Publikum mit Richard-Salvador Wolff als Aladdin freuen. Zusammen mit der gebürtigen Brasilianerin Myrthes Monteiro als Jasmin meistert er die große Herausforderung, eine Trickfilmfigur als reale Bühnenfigur zu adaptieren. Aladdin und Jasmin geraten beiden Darstellern sehr glaubhaft und vor allem liebenswert. Ein Musical kann nämlich eigentlich immer nur so erfolgreich und gut sein wie die Identifikationsmöglichkeiten des Publikums mit den Hauptfiguren. Aladdin ist ein glaubwürdiger Straßenjunge, der von einem soliden und erfüllten Leben träumt und Jasmin eine vereinsamte Prinzessin, die einfach nur ein selbstgestaltetes Leben führen möchte. Ihre Sehnsucht ist die Gemeinsamkeit der beiden Figuren, was beide Protagonisten auf einen Nenner bringt. Auch gesanglich harmonieren die beiden bestens. Enrico De Pieri ist ein Dschinni in Hochform. Sein Textbuch müsste - das möchte man meinen - dick wie das Telefonbuch einer Großstadt sein. Trotzdem ist jeder Satz bei ihm sehr pointiert. Das allein ist schon eine große Leistung. Sein Dschinni ist eine Quasselstrippe, der man gerne zuhört. Er ist in seiner Rolle ein witziger Selbstdarsteller, der genau wie Jasmin frei sein möchte, aber ein Gefangener seiner Aufgabe ist. Daher hat er auch eine sentimentale Seite, die Enrico de Pieri gut mit der humorvollen Seite in Einklang bringt. Als Dschinni ist er zugleich so etwas wie ein Erzähler, der aus der Geschichte heraus den Dialog mit dem Publikum sucht. Er ist ein toller Gegenpart zum Furcht einflössenden Dschafar, den Ethan Freeman durchtrieben spielt. Mit seinem Schlangenstock und durchdringender Stimme integriert er im Hintergrund, dass man auch als Zuschauer einen richtigen Schauer verspürt. Als Freunde von Aladdin und daher als Team treten Stefan Tonali, Pedro Reichert und Philip Tobias Hägeli in Erscheinung. Die Charakterzüge der von ihnen gespielten Diebe werden differenziert gestaltet und umgesetzt. Die Bandbreite von energisch-entschlossen über phlegmatisch bis hemmungslos verfressen wird konsequent durchgehalten. Als Jago amüsiert Eric Minsk vor allem das junge Publikum. Er ist herrlich überzogen in seiner Darstellung. "Aladdin" ist ein berauschendes Theatererlebnis mit Herz und Geist. Als Musical ist es ein sensationeller Bühnenzauber und eine bunte Oase zauberhafter Träume. Als Theaterabend ist es die gelungene Adaption einer bekannten Filmvorlage mit viel Humor und tollen Effekten.
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