Entführung aus dem Paradies

Schmidtchen

Im Schmidtchen ist Begeisterung angesagt. "Die Entführung aus dem Paradies" ist eine komödiantische Revue mit vielen schrägen Momenten. Als das Stück beginnt, entsteigen die beiden Akteure zwei großen Leinenbeuteln. Der humorvolle Theaterabend erzählt nämlich gerade die Geschichte einer sehr kuriosen Entführung. Die Pop-Queen Winona Westwood und ihr Stylist Peter von Pattnach finden sich in einem Kellerraum wieder, in dem einige Showkostüme und Glitzerklamotten lagern. Als Verpflegung gibt es nur eine abgelaufene Ravioli-Konserve. Schnell wir den beiden Gefangenen ihre verfahrene Situation klar. Die Lage scheint prekär. Denn auch die räumlichen Umstände sorgen für geladene Stimmung. Das Duo reagiert hysterisch. Die Charaktere könnten kaum verschiedener sein. Die Sängerin hat gerade ihr neues Album herausgebracht mit einem vielversprechenden englischen Song, dessen Name ihr aber nicht so recht über die Lippen kommen will. Sie braucht wieder dringend einen Erfolg, denn ihre erste große erfolgreiche Phase als Sängerin liegt schon lange zurück. Ihre alten Kostüme hatten damals auch noch eine andere Größe. Die Sängerin hat sich weiterentwickelt und arbeitet hartnäckig daran, wieder groß herauszukommen.
Es stellt sich allmählich heraus, dass sie dafür so ziemlich alles tun würde und dass sie ihre eigene Entführung nur fingiert hat, um wieder in die Medien zu kommen. Einzig und allein die Entführung ihres nicht eingeweihten Stylisten ist echt. Zu ihrem Entsetzen bemerkt die Sängerin dann aber, dass sie den Schlüssel nicht dabei hat, wodurch sie nun doch in der Patsche sitzt. Die Stimmung heizt sich auf und entlädt sich als Zickengewitter. Ihre Notlage bringt die beiden Kellergenossen auf abstruse Gedanken. Über eine Fernbotschaft lässt ihr Manager dann auch noch die Sängerin wissen, dass er umdisponiert hat und sich entschloss, die Sängerin nicht wieder zu befreien. Einzig und allein ihr Schosshündchen Rossini steht ihr noch für eine sachliche Diskussion zur Verfügung, denn der verwöhnte Hund fürchtet darum, seine Dackeldomina und den Latexlabrador nicht wiederzusehen. Der Kellerraum stellt die beiden Möchtegern-Showbusiness-Größen auf eine harte Probe. Abwechselnd benebeln sie ihre Sinne mit dem Rauch aus einem alten Ofenrohr und verfallen zeitweise halluzinösen Vorstellungen und rauschähnlichen Stimmungsschwankungen. Sie sehen mannsgroße Kakerlaken und werden von ihren Gefühlen beherrscht. Die Situation wird immer verfahrener. Es entbrennt ein Kampf ums Überleben.

Wie auch schon die Revue "Oh Alpenglühn!" glänzt "Die Entführung aus dem Paradies" durch jede Menge Absurdität und skurril gestalteten Situationen. Beide Stücke sind temporeich und schrill. Im Schmidtchen erlebt das Publikum zwei herrlich aufgelegte und überdrehte Protagonisten, die in knallbunte Kostüme schlüpfen und als Figuren an der richtigen Stelle ihren bizarren Neigungen frönen. Nik Breidenbach tritt in der Rolle des Stylisten beispielsweise in Nylonstrumpfhosen und Ledermieder auf und mimt eine androgyne Tina Turner-Imitation.
Schließlich will der Stylist schon als Beindouble der "maximalpigmentierten" Sängerin aufgetreten sein. Mit Wuschelperücke und High Heels schmettert er ihren großen Hit "The Best" in den Saal. Mit seinen Gesangseinlagen sorgt er für Stimmung im Publikum. Aber mit ihrer kräftigen Stimme, die sich zu operngleichen Höhen steigern lässt, bietet Carolin Fortenbacher ihrem Kollegen sofort Paroli und frötzelt ihn im Vergleich zu ihrer Stimme sinngemäß an: "Merkst du selber, ne?" Regisseur Corny Littmann setzt das Duo sehr gut in Szene. Seiner Regie ist es zu verdanken, dass das Stück mit wenigen Requisiten auskommt. Der alte Ofen, ein Drehstuhl und ein überladener Garderobenständer reichen fast schon für einen schräg-komödiantischen Abend.
Der Humor speist sich vor allem aus der Zusammenstellung und Interpretation bekannter Lieder, die einen hohen Wiedererkennungswert haben. Das Konzept geht auf. Das Publikum tobt und sorgt mit seinem Applaus regelmäßig für eine lautstarke Geräuschkulisse im Saal. Nik Breidenbach und Carolin Fortenbacher heizen dem Publikum von der Bühne aus ein.
Musical-Zeitung.de meint: Eine bunte Show mit brodelnder Stimmung und einem tobendem Publikum- so stellt man sich eine gute Revue auf dem Kiez vor.