NON(N)SENSE

Hamburger Engelsaal

Nachdem schon die „Silver Ladies“ die Balance von Humor, Tanz und Musik treffsicher fanden, sorgen nun fünf Ordensschwestern in dem Musical „NON(N)SENS“ für ähnlich gute Unterhaltung. Die Nonnen lassen das Publikum an ihrer turbulenten Gemeinschaft teilhaben, denn schon vor ihrer großen Show treffen die Zuschauer auf Ornatsträgerinnen im Saal. Die fünf frommen Frauen müssen wieder Ordnung in ihre Reihen bringen, nachdem ein Großteil ihrer Ordensschwestern ein ungenießbares Mahl nicht überlebte. Ihrer Abwesenheit zur Essenszeit verdanken die Mutter Oberin, ihre Stellvertreterin und drei weitere Nonnen ihr Leben. Allerdings müssen sie noch das Problem der unerwarteten Ausgaben lösen. Die Bestattung der Ordensmitglieder ist dabei nicht das einzige Problem, denn die Mutter Oberin konnte der Versuchung nicht widerstehen, einen Großbildfernseher zu kaufen. Um die finanzielle Lücke zu schließen, haben die Nonnen sich zu einer Benefiz-Show zusammengefunden, denn vier ihrer Ordensschwestern wurden nach der Anschaffung des Fernsehers sozusagen erst einmal auf Eis gelegt. Das sorgt für Ärger mit den Behörden. Um wieder geordnete Verhältnisse zu schaffen, hat die Mutter Oberin mit ihren Ordensschwestern eine teilweise unfreiwillig komische Show zusammengestellt. Denn so wird das Publikum Zeuge amüsanter Frotzeleien und Seitenhiebe auf die Mutter Oberin, die ihren Orden nicht so ganz im Griff zu haben scheint.





Von Anfang an wird klar, wie gut das Musical von Dan Goggin in das Programm des Hamburger Engelsaals passt, denn das Musical hat alles, was ein unterhaltsamer Theaterabend braucht. Der Humor der Produktion ergibt sich natürlich vor allem aus den sehr unterschiedlich charakterisierten Figuren und aus den spritzigen Dialogen. Die Atmosphäre des Engelsaals aber überträgt diese Komik sehr gut ins Publikum, denn das kleine familiäre Theater eignet sich hervorragend für ein so unkonventionelles Musical. Die Darstellerinnen können das Publikum sehr gut und schnell an beiden Spielebenen des Stücks teilhaben lassen, zum einen an der einstudierten schrägen Show, zum anderen an der unterhaltsamen Interaktion der Protagonistinnen, die auf der Bühne ihre Meinungsverschiedenheiten austragen und einen ungewollten Einblick in ihre Ordensstrukturen bieten. Ein Musical ist immer nur so gut wie seine Umsetzung auf der Bühne. Regisseur Michael Cagna und Choreograph Harald Kratochwil setzen die Vorlage szenisch und tänzerisch gut um. Das Bühnenbild tritt dabei absolut in den Hintergrund. Vor allem die Nonnengemeinschaft ist ein so quirliger Pool teils egomanischer Persönlichkeiten und teils übereifriger Charaktere, dass zu keiner Zeit das von den Nonnen angestrebte Bild eines harmonischen und einträchtigen Ordens entsteht. Sie fallen immer wieder aus ihrer Rolle heraus und in ihre gewohnten Klischees hinein. Karin Westfal als Mutter Oberin entfaltet dabei eine große Bühnenpräsenz. Sie spielt amüsant selbstironisch und sorgt besonders in der Szene für maximalen Humor, in der sie als Mutter Oberin versehentlich ein Rauschmittel konsumiert. Aber auch in den Dialogszenen mit ihrer von Susanne E. Walbaum gespielten Stellvertreterin entsteht viel Humor.
Die Mutter Oberin, die streng sein müsste, schafft es nicht einmal, sich selbst gegenüber konsequent zu sein, was viel Angriffsfläche bietet. Denn die teure Anschaffung eines Großbildfernsehers passt nicht zur Enthaltsamkeit einer leitenden Nonne. Hervorragend besetzt sind die übrigen Rollen der Ordensschwestern. Frizzi Fiedler spielt die herrlich aufgedrehte Schwester Maria Leo, deren Leidenschaft im Ballett liegt. Sie schlüpft sehr glaubhaft in ihre Rolle und ist das Gegenstück zur Mutter Oberin. Als Schwester Maria Amnesia legt Sarah Kattih ihre Rolle gekonnt an. Sie spielt eine vergessliche und leicht verzögert begreifende Nonne mit großartiger Mimik. Sehr ausdruckvoll wird Schwester Robert Anne durch Kristin Riegelsberger. Das betrifft Mimi und Gestik, aber auch den Tanz, der bei ihr sehr leichtfüßig wirkt. Die Blicke der Darstellerin sprechen eigentlich schon für sich, was in diesem Stück wegen des Ornats besonders auffällt. Unter der musikalischen Leitung von Benjamin Fenker wird das Musical der himmlischen Töchter zu einem heiteren Theaterabend mit zündendem Humor und donnerndem Applaus.