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| Christian Berg |
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Schauspieler, Autor, Regisseur
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Musical-Zeitung.de: Sie feiern Ihr 25jähriges Bühnenjubiläum. Wenn Sie einmal zurückblicken, was waren die wichtigsten Erfahrungen, die Sie gemacht haben auf oder hinter der Bühne, zum Beispiel als Musicalautor?
Christian Berg: Dass die Zeiten sich geändert haben, dass die Sprache anders geworden ist, dass das Tempo schneller geworden ist, dass die Kinder längst nicht mehr so gut zuhören können wie vor 25 Jahren, dass wir videoschnittartiger arbeiten müssen - auch auf der Bühne - und dass zu lange Sprechpassagen die Kinder zum Aussteigen animieren. Das Tempo muss ganz anders sein. Das hat sich am meisten geändert. Aber ich habe mir in meinem Beruf in 25 Jahren ein großes Publikum erspielt ohne eine Chart-Platzierung und ohne eine eigene Fernsehsendung. Und das bedeutet mir sehr viel.
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Musical-Zeitung.de: Es heißt, mit dem aktuellen Musical erfüllen Sie sich einen ganz persönlichen Traum. Wie ist das gemeint?
Christian Berg: Na, ich hab’ schon immer mal Schneewittchen aufführen wollen und hatte jahrelang keine Idee, wie ich das realisieren könnte mit den sieben Zwergen. Aber dann hatte ich auch die Idee, wie ich das realisieren kann. Das Winterhuder Fährhaus hat immer einen großen Einfluss darauf, welches mein neues Stück sein wird, weil das Theater so viele Vorstellungen spielt. Und das Winterhuder Fährhaus hat nun einmal gerne klassische Märchen oder zumindest Anlehnungen an klassische Märchen, und da lag Schneewittchen nach dem Riesenerfolg von „Wachgeküsst“ im letzen Jahr sehr nahe. Es gibt Stoffe der Gebrüder Grimm, die mich nicht so reizen. Für mich muss es immer um Prinzen oder Prinzessinnen gehen. Das ist nämlich das, womit man auch die Kinder am besten erreicht. Und da ich Schneewittchen immer schon bringen wollte, habe ich mir damit meinen Traum erfüllt. Dazu habe ich die Schlager der 70er und 80er Jahre genommen und teilweise umgetextet, teilweise auch so gelassen und in die Show eingebaut. Das Konzept geht auf. Die Leute lieben es.
Musical-Zeitung.de: Sie haben viele Songtexte für Ihre märchenhaften Musicals selber geschrieben und gesungen. Wie erlebt man als Interpret eigener Songtexte die Reaktion des Publikums. Hat man eine besondere emotionale Wahrnehmung? Hat man vielleicht auch Bedenken, falsch verstanden zu werden oder das Publikum nicht so zu erreichen wie erwartet?
Christian Berg: Nein, gar nicht. Das habe ich nie. Das muss man als Autor auch ablegen, wenn man ein eigenes Stück auf die Bühne bringen möchte. Wenn ich als Autor auch noch Angst haben würde, ob das Stück ankommt oder nicht oder ob meine Botschaften rüberkommen, dann hätte ich als Schauspieler ein großes Problem. Denn dann könnte ich als Schauspieler nicht mehr so gut funktionieren. Den emotionalsten Moment, den ich tatsächlich einmal hatte, war als ich Peter Pan in der Dortmunder Oper mit den Dortmunder Symphonikern inszeniert habe und die Sänger in der ersten Sitzprobe meine Texte gesungen haben mit dem großen Klangkörper der Symphoniker. Das war sehr emotional. Aber ansonsten habe ich diese Empfindlichkeit nicht, dass ich sagen würde: „Oh, meine Texte sind auf der Bühne.“ Christian Berg ist ein Gesamtkunstwerk. Es steht nicht der Autor oder der Regisseur oder der Darsteller im Vordergrund. Das ist alles ein Paket, und ich freue mich natürlich, wenn es ankommt. Davon lebe ich genau wie jeder andere.
Musical-Zeitung.de: Sie sind Autor der Bücher „Tamino Pinguin“ und „Monster Monstantin“. Wie unterscheidet sich die Sprache eines literarischen Werkes von der Bühnensprache?
Christian Berg: Ich bin Autor von sieben Büchern. Ich schreibe aus dem Bauch, sowohl als Theater- wie auch als Buchautor. Und ich versuche, eine heutige Sprache zu haben und mich auch im Jargon und im Tempo dem Publikum anzupassen. Also es gibt bei mir keine alte Sprache, und ich denke nicht darüber nach, in welcher Sprache ich schreibe. Ich schreibe einfach in meiner Sprache. Punkt.
Musical-Zeitung.de: Sie haben mit „Der Traum von Freiheit“ auch ein Musical auf die Beine gestellt, das einen wenig romantischen und eher tragischen Hintergrund hatte. Mussten Sie dafür über Ihren eigenen Schatten springen?
Christian Berg: Nein. Ich empfinde dieses deutsche Schubladendenken ein bisschen komisch. Das ist für mich nichts anderes gewesen als eine Geschichte weiterzuerzählen. Ich erzähle die Geschichte von Schneewittchen neu wie ich sie sehe und ich erzähle sie von Peter Pan. Ich erzähle eigene Geschichten mit Tamino Pinguin oder dem Monster Monstantin, und so habe die Geschichte von Tjede Peekes aus meiner Sicht erzählt. Ich habe die Geschichte einer Heldin des Nordens aus der Region, in der ich aufgewachsen bin, mit der Co-Autorin Melanie Herzig erzählt. Das war nicht besonders schwer. Ich würde es heute ein bisschen anders machen, ich würde es heute nicht mehr so auf die Bühne bringen. Es war zum Beispiel ein Kardinalsfehler, mit dem Star zu arbeiten, weil es das Publikum nicht würdigte. Ich glaube, es hat uns keinen Zuschauer mehr gebracht, dass wir den Star auf der Bühne hatten. Ich habe das selber falsch eingeschätzt. Er war für mich ein Wunschpartner, mit dem ich seit 20 Jahren immer schon mal arbeiten wollte und habe nicht gewusst, dass es sowenig funktioniert, was nicht an ihm lag, aber vielleicht an meiner Auswahl. Die Leute konnten sich den Star in einem norddeutschen Heimatstück vielleicht nur schwer vorstellen.
Musical-Zeitung.de: Sie haben immer ein schillerndes Ensemble auf der Bühne. Bei „Der Traum von Freiheit“ war Pierre Brice dabei. Mit Joachim Quirin haben Sie mehrere Male zusammengearbeitet. Gleichzeitig geben Sie auch dem Nachwuchs eine Chance. Welche Synergien bringt dieses Konzept mit sich?
Christian Berg: Naja, ich fördere junge Leute seitdem ich Theater mache und gebe denen erste Chancen. Ich bin damit gut gefahren und habe auch immer wieder erfahrene Darsteller, auf die ich zurückgreifen kann. Joachim Quirin hat einige wunderbare Produktionen bei und mit mir gespielt und er konnte aus seinen großen Erfahrungen schöpfen. Ich habe mit ihm als Choreografen auch sehr gerne zusammengearbeitet, weil er unkonventionell arbeitet. Er ist nicht so mainstream.
Musical-Zeitung.de: Sie bearbeiten die Vorlagen Ihrer Musicals, indem Sie neue Figuren hineinbringen oder auch einen Bezug zu aktuellen Themen herstellen. Möchten Sie gar nicht der klassische Märchenerzähler oder Bühnenautor sein?
Christian Berg: Ich bin nicht der klassische Märchenerzähler. Ich bin ein Geschichtenerzähler, der das Publikum mit heutigen Gags erreicht und die Kinder mit heutigen Dingen für Märchen neu fasziniert. Ich glaube, wenn wir die Märchen so bringen würden, wie sie von den Gebrüdern Grimm aufgeschrieben wurden, dann hätten wir nicht den Erfolg und diese Massen, die zu uns strömen. Schauen Sie, wir erreichen mit einer Produktion bundesweit bis zu 200.000 Zuschauer. Das schafft kaum einer. Bei Jim Knopf haben wir sogar 500.000 Zuschauer auf einer Tournee gehabt. Aber privates und unsubventioniertes Theater ist auch ein ständiger Kampf ums Überleben. Ich arbeite auf einem ziemlichen hohen Niveau mit guten Darstellern, die auch ihren Preis haben. Deswegen ist das immer ein Balanceakt.
Sie sind zugleich auch Regisseur und sehr vielseitig. Wie vielseitig muss man heutzutage sein, um den Anforderungen, die das Tätigkeitsfeld Theater mit sich bringt, gerecht werden zu können?
Christian Berg: Ich habe in 25 Jahren gelernt, dass man verdammt vielseitig sein muss. Ich sage immer: Ich bin zwei Öltanks. Ich könnte von einem meiner Jobs alleine nicht leben außer von meiner Tätigkeit als Autor. Meine Stücke werden irrsinnig viel nachgespielt. Konstantin Wecker und ich gehören zu den meistgespielten deutschsprachigen Theaterautoren. Das wusste ich auch erst gar nicht und habe das neulich erst erfahren. Aber von der alleinigen Tätigkeit als Darsteller oder Regisseur könnte ich nicht leben. Es ist die Vielseitigkeit, durch die ich existieren kann. Aktuell arbeite ich an dem Soloprojekt „Das hässliche Entlein- Ein Mann, ein Musical“, das im nächsten Frühjahr im kleinen Saal vom Winterhuder Fährhaus Premiere haben wird.
Stand: 07/2012
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