Jörg Knör

Entertainer

Musical-Zeitung.de: Ihr aktuelles Programm heißt „Alles nur Show“. Das beschreibt als ironisches Schlagwort genau das, was Theaterbetriebe und Solisten wie Sie verbindet und worüber sich Unterhaltung definiert. Wie definieren Sie persönlich das Wort „Show“ und was gehört unbedingt dazu?

Jörg Knör: Das Wort "Show" wirkt heute fast etwas altmodisch...aber auch nur, finde ich, weil es heute nicht mehr bedient wird wie früher. Schon als Junge war ich fasziniert von der "Rudi Carrell Show" und "Peter Alexander Show". Das waren raffinierte Menüs aus Musik, Parodie, Sketchen, großen Stars und sentimentalen Momenten. Das hat meine Idee von Unterhaltung bestimmt. Das unterscheidet mich wohl auch von den Commedians und StandUp-Kollegen. Ich zeichne, singe, parodiere und wage auch den Spagat von Klamauk und Anspruch, von Pointe und Pathos, von Beklopptheit und Berührtheit.
Und ein bisschen Glamour darf es auch haben. Show ist plakativ und unalltäglich...ein Vergnügungspark mit vielen unterschiedlichen Attraktionen.




 

Jörg Knör Foto: Stefan Wernz

Musical-Zeitung.de: Wer Sie einmal in einer Show erlebt hat, der staunt über Ihre Vielseitigkeit. Sie parodieren große Kollegen der Showbranche oder der Kulturszene mit deren Stimme, singen und zeichnen Karikaturen und Portraits. Da möchte man annehmen, Jörg Knör sei der einzige Künstler, den man nicht imitieren kann. Könnten Sie sich vorstellen, dass irgendwann einmal jemand Sie nachahmt und dass Sie darüber lachen könnten?

Jörg Knör: Ich würde mich freuen, wenn ich mal für eine Parodie herhalte. Aber das wird nicht passieren. Der Grund ist einfach. Ein Parodist wird nicht parodiert, weil von einer Karikatur macht auch keiner mehr eine Karikatur... Es ist ja schon verarbeitet und ich habe da keine Angriffsfläche, weil ich mich nicht auf EIN Knör-typisches-Attribut beschränke. Da geben meine Kollegen mehr her: Die fistelig hechelnde Hektik von Otto, die Nöhle von Lindenberg und das schnoddrig Laute von Mario Barth.

Musical-Zeitung.de: Sie sind in Ihren Programmen immer auffallend zeitgemäß. Das heißt, dass Sie immer sehr interessiert am aktuellen Geschehen sein müssen. Es heißt aber auch, dass Sie eigentlich immer viel vorbereiten müssen. In wie weit entsteht der Humor bei Ihnen spontan und in wie weit verändern Sie Ihre Shows von einer Vorstellung zur anderen?

Jörg Knör: Das ist Schule "Carrell": Was man aus dem Ärmel schüttelt, muss man vorher reinstopfen. Aktualität schlägt alles. Ich lasse mir immer die ersten 10 Minuten frei für alles, was ich gerade noch auf dem ipad an news gegoogled habe. Der Zuschauer notiert das gleich als Fleiß und erkennt meinen Respekt vor dem Publikum. Und ich liebe es, jeden Abend noch unbewährte Pointen zu "entjungfern", sonst wird es mir auch selbst langweilig. Und der Lacher oder Applaus ist ein Kompliment für mich als Autor, einer Arbeit, die dem Koch entspricht, der was zubereitet und servieren darf ich es auch noch.

Musical-Zeitung.de: Sie sind als Parodist auch bei den Künstlern beliebt, in deren Rolle Sie schlüpfen. Es soll sogar vorgekommen sein, dass Künstler Sie persönlich fragten, ob es sie nicht schon in der Jörg Knör-Version gebe. In wie weit ist das eher ungewöhnlich und überraschend, wenn man bedenkt, dass Parodie eine ironische Überzeichnung von Personen ist?

Jörg Knör:
Ich hatte Begegnungen mit fast allen "Originalen", die ich auf der Bühne darstelle. Manche sind erschrocken, weil ich ja zur Interpretation ganz viel entblöße, ihre Maschen oder ihre Schwächen... Aber es ist auch ein großes Kompliment parodiert zu werden. Otto saß mal heimlich im Theater und hat vergeblich auf meinen "Otto" gewartet, der nicht kam, weil es keinen aktuellen Anlass zur Persiflage gab. Er hat sich beschwert.

Musical-Zeitung.de: Hamburg ist die Stadt der Musicals. Aber auch in anderen Städten laufen Musicals mit großem Erfolg? Welche Musicals gefallen Ihnen am besten?

Jörg Knör: Ich mag Musicals, die ohne Kitsch ans Herz gehen. Fantasy erreicht mich nicht so. Ich fand "Cats" immer zu commercial und totgespielt, genauso "Tanz der Vampire". Das wahre Leben als Basis bedienen meine Lieblingsmusicals. "Billy Elliot" war so eins. Ich hab in London ins rote Sitzpolster geheult. "Bloodbrothers" war auch so berührend, weil ich eine ähnliche Biografie habe mit Zwillingsgeschichte. Aber mein Lieblingsmusical war unangefochten "Victor/Victoria" von Blake Edwards. Mein Gott wie geil..und das noch in New York gesehen mit Julie Andrews in der Hauptrolle. (Ich war als Kind so verliebt in sie als "Mary Poppins") Und ... das darf ich nicht vergessen: "Kein Pardon!" hat als Produktion ganz große internationale Klasse. Soviel Liebe zum Detail, Ausstattung, Songs und Glücksbesetzung... Ich wünsche Maik Klokow und dem Ensemble für Jahre Erfolg damit.

Musical-Zeitung.de: In Berlin läuft das Udo-Lindenberg-Musical „Hinterm Horizont“. Den Künstler haben Sie auch als Parodist und Entertainer auf der Palette. Eigentlich hätten Sie von daher den Udo auch spielen können. Wen würden Sie einmal gerne einen ganzen Abend lang darstellen?

Jörg Knör: Niemanden... nicht über 2 Stunden. Die kurze Impression fasziniert Menschen mehr. Ich liebe ja den Kontrast und bin auch als mittlerweile gestandener Entertainer gerne wieder Jörg Knör mit seiner Haltung und seinen Ansichten. Gerne hätte ich Udo Jürgens dargestellt, weil wir uns doch sehr ähnlich sind...aber diese Lust wandert jetzt in den Plan einer ersten Solo-CD mit eigenen Songs.

Musical-Zeitung.de: Sie haben einmal ein Werk aufgenommen, das Sie „Das Clinton Musical“ nannten. Gibt es ein Musical, in dem Sie gerne einmal auftreten würden oder kommt einmal ein eigenes Musical?

Jörg Knör: Witzig...ich hatte immer wieder Stories aus der Presse in Musicalform verarbeitet. Auch meine Version des "Titanic" - Musicals war sehr witzig..und im Grunde ist meine Bühnenshow im Theater auch der Form nach "Musical". Auf jede Wortnummer folgt ein Song...Tom Jones singt Merkel ein Ständchen, Bushido disst Karel Gott, Carpendale tröstet Charlene von Monaco... Musik ist wie der Teelöffel mit Zucker, auf dem auch Bitterböses besser rutscht. Und sie schafft Emotionen, die über den noch so klügsten Text hinausgehen, weil die Seele sie intuitiv begreift.
Mein eigenes Musical läuft also bereits......live on stage.

Musical-Zeitung.de: Vielen Dank für das nette Interview!

Stand: 01/2012